Fragen und Antworten
Hier findest du die häufigsten Fragen rund um das Projekt „Jahr der Erprobung“.
Das „Jahr der Erprobung“ möchte den Blick auf die Personen lenken, die sich jenseits der Kerngemeinde befinden.
Letztlich sollen neue Wege erprobt werden, um diesen Personen den christlichen Glauben verständlich und erlebbar zu vermitteln. Dabei müssen wir vor Ort ja nicht bei Null anfangen, sondern könnten an gute Ideen und Erfahrungen anderer Kirchgemeinden anknüpfen.
Aus diesem Grund sieht das Projekt vor, zuerst die guten missionarischen Erfahrungen in der eigenen Gemeinde vor Ort zu suchen. Diese Ideen werden dann zur Inspirations- bzw. Kopiervorlage für andere Gemeinden.
Ja, das stimmt. Das Besondere am ephoralen Projekt liegt nicht in diesen beiden Schritten (Wahrnehmen und Erproben). Es liegt vielmehr in der biblischen und wissenschaftlichen Begründung dieser beiden Schritte. Denn diese Begründungen machen deutlich, dass wir gerade in der aktuellen kirchlichen und gesellschaftlichen Umbruchsituation das „Wahrnehmen und Erproben“ unglaublich nötig haben.
Und noch etwas ist besonders – das Projekt sieht vor, dass wir die beiden Schritte als Erprobungsgemeinschaft angehen. Es ist ja die Gemeinschaft, die langfristig viel tragfähiger ist, als irgendeine innere Einsicht, die sagt: „Das wäre jetzt nötig!“ So betreiben viele ja auch nicht deswegen kontinuierlich Sport, weil sie eingesehen haben, dass ihr Körper es braucht. Sondern sie machen sich in kleinen Sportgruppen auf, weil sie das Notwendige zusammen mit anderen in Gemeinschaft besser angehen können. Neben der Einsicht braucht es quasi auch eine Gemeinschaft die an der Umsetzung arbeitet.
An erster Stelle steht das Wahrnehmen. So wie es im Bild vom Drachensteigen beschrieben wird. Gottes Geist nachzuspüren, heißt nicht, das Gebet außenvor zu lassen – im Gegenteil. Es heißt aber auch nicht, nur im Gebet zu verharren.
Gottes Geist führt die Kirche seit Beginn auf verschiedene Weise. Manchmal spricht er klar und deutlich, etwa als Paulus vor Augen steht, dass es dran ist, nach Europa zu gehen (Apg 16,9). Manchmal spricht Gott aber auch durch das, was er ganz ohne unser Zutun bereits bewegt. So bekehren sich nach der Auferstehung Jesu auf einmal Heiden (Apg 11,20), es entstehen unkontrolliert neue Gemeinden (Apg 11,21ff) und es bekommen Menschen den Heiligen Geist, obwohl sie Heiden sind (Apg 10).
All diese Geschehnisse waren Gottes Sprache an seine Kirche. Die ersten Christen sind oft dem Wirken Gottes nachgegangen, mussten verstehen lernen, was da passiert und einen Umgang damit finden.
Gottes Geist wahrzunehmen, heißt also, im Gebet zu hören und auch mit wachen Augen zu sehen, wie und wo Menschen im eigenen Umfeld bereits von Gott berührt werden.
Dass das Erproben so großgeschrieben wird, meint also gerade nicht, etwas zu überstürzen. Es bedeutet viel mehr, zu akzeptieren, dass Nachfolge eben am Ende nicht nur Hören und Sehen, sondern eben auch Gehen bedeutet.
Manchmal verstecken wir uns auch hinter der Frage, ob Gott das jetzt wirklich will. Weil wir Angst davor haben, auch scheitern zu können. Nachfolge bewahrt uns nicht vor dem Scheitern. Aber wo wir Christus nachfolgen, ist der Angst vor dem Scheitern auch eine Zusage an die Hand gegeben (Mt 26.20).
Die Projekte und Aktionen sind nicht das Wesentliche. Sie sind eine Art physiotherapeutische Übung. Wenn mein Körper Haltungsschäden aufweist, gehe ich vielleicht zur Rückenschule. Dort soll die Tiefenmuskulatur gestärkt werden, um dem Haltungsschaden entgegenzuwirken.
Nun sind die Übungen der Rückenschule auch „Aktionen“. Aber ich würde nicht sagen: „Es ist ja sinnlos, denn bei diesen Aktionen baue ich nichts, räume nichts auf und schaffe nichts. Diese Übungen sind nicht nachhaltig.“
Bei den Aktivitäten der Rückenschule geht es ja nicht darum, dass ich mit den Bewegungen etwas Äußerliches produziere oder erzeuge. Es geht darum, dass die Muskeln gestärkt werden. Denn eine gestärkte Muskulatur würde langfristig etwas an meiner Haltung verändern.
Kirche bekommt auch Haltungsschäden, wo sie sich zu wenig bewegt. In den meisten Gemeinden wird nicht einmal realisiert, dass im Gemeindeleben nur zwischen 5-10% der Gemeindeglieder vorkommen. Nicht selten bewegt sich Kirche nur im Rahmen der typischen Kerngemeindefragen aber nicht wesentlich darüber hinaus.
Hier und da gibt es aber auch ein Erwachen. Meistens ist das verbunden mit dem Wunsch, gleich große missionarische Sprünge zu machen und völlig kirchenferne Menschen zu erreichen. Dabei fällt es in Wahrheit ja bereits schwer, den eigenen Gemeindegliedern Jesus verständlich und erlebbar nahezubringen.
Die missionarische Tiefenmuskulatur der Kirchgemeinden soll durch das Jahr der Erprobung gestärkt werden, damit den Haltungsschäden der Kirche etwas entgegengesetzt werden kann.
Nicht die großen Sprünge, sondern die kleinen kontrollierten Bewegungen sind dafür gut geeignet.
Wohin das am Ende führen wird, können wir auch nicht genau sagen. Insofern ist auch das ephorale Projekt an sich etwas, das sich erprobend vorantastet. Fakt ist, dass nicht der Fortgang der einzelnen Projekte den Wert des Eprobungsjahres messen wird. Sondern, dass am Ende der Wert an dem abzulesen ist, was sich durch die Projekte innerlich im gemeindlichen Handeln und Denken verändert hat.
Ja, es geht in der missionarischen Ausrichtung eben gerade auch um die, die immer da sind. Eberhard Jüngel hat einmal beschrieben, wie Mission im Grunde der Herzschlag der Kirche ist. Das Pumpen des Herzes funktioniert dem Wesen nach, indem es etwas nach außen abgibt und dadurch erst wieder empfangen kann. Wo wir uns fragen, wie wir Jesus Christus und unseren christlichen Glauben nach außen verständlich und erlebbar vermitteln können, wird das auch positive Auswirkungen auf diejenigen haben, die schon immer da sind. Sie werden am Ende auch die Empfangenden sein. Die Ausrichtung nach außen regt gewissermaßen den geistlichen Kreislauf der Kerngemeinde an.
Die Strukturfragen sind wichtig. Denn sie bestimmen über die Rahmenbedingungen, unter denen wir in Zukunft „Kirche vor Ort“ sein können. Aber die Strukturen liefern keinen Inhalt. Sie sind Rahmen, nicht Füllung.
Die Gremien und die Großzahl der Hauptamtlichen sind zurzeit mit den Strukturfragen befasst. Wenn inhaltliche und substanzielle Gemeindearbeit vor Ort warten müsste, bis die neuen Strukturen stehen, würde indessen Vieles eingehen und so mancher Muskel im kirchgemeindlichen Leben würde extrem verkürzt werden. Wie sollte dann am Ende der Strukturfragen eine unbeweglich gewordene Gemeinde plötzlich wieder Bewegung aufbringen?
Es braucht beides parallel – strukturelle und inhaltliche Arbeit. Aber es sollten nicht beides die gleichen Personen ausführen.
Darum ist es jetzt so wichtig, dass die Leitungsgremien und Hauptamtlichen als Ermöglicher in Erscheinung treten.
Das Ermöglichen und die Ermutigung sind wesentliche Bestandteil eines leitenden Handelns, wie wir es in Zukunft wohl vermehrt brauchen. Oft mangelt es ja unter den Gemeindegliedern nicht an der Bereitschaft, mitzugestalten, mitzudenken und zu planen. Es mangelt in den Gremien und unter den Hauptamtlichen viel mehr an der Bereitschaft, anderen die Tür zu öffnen und sie zu ermutigen, die inhaltliche Füllung des Gemeindelebens wesentlich mitzugestalten.
Weil diese Tür vielleicht länger nicht geöffnet wurde, werden die Leute zunächst nicht Schlange stehen, um endlich loslegen zu können. So ist besonders das Finden der Steuerungsgruppen, die das ephorale Projekt vor Ort gestalten sollen, der schwierigste Teil für die Gremien und Hauptamtlichen.
Fazit: Das ephorale Projekt soll diejenigen, die ohnehin schon viel zu tun haben, nicht noch zusätzlich belasten. Es soll sie vielmehr entlasten, indem sie erleben, wie parallel zu den Strukturdebatten auch inhaltlich in der Gemeinde etwas wachsen kann.
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