Erproben
Warum es manchmal das Gebot der Stunde ist, zu erproben
Wie kann Gemeinde so gestaltet werden, dass sie Menschen heute noch erreicht? Dieser Frage stehen viele Gemeinden gegenüber. Warum nicht altbekannte Strategien anwenden, um gleiche Erfolge wie früher zu erzielen? Doch Zeiten ändern sich und wir leben heute in einer komplexen Welt mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen, Milieus, Arbeits- und Familienstrukturen. Aber wie sieht nun eine gute Lösung für die Aufgaben der Gemeinden aus? Um passende Lösungsstrategien zu finden ist es hilfreich sich die Strukturen von Problemen und Herausforderungen genauer anzuschauen. Dave Snowden entwickelte hierfür das so genannte Cynefin-Framework, welches hilft die Eigenheiten von Problemen und Situationen zu unterscheiden.
Ein Problem wird wahrgenommen und es gibt eine einfache Lösung und richtige Vorgehensweise.
Beispiel: Die Heizung im Gemeinderaum ist kaputt. Die beste Lösung für dieses Problem ist, die Heizung zu reparieren.
Ein Problem hat verschiedene Ursachen und Wirkungen, die auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen sind. Mithilfe von Fachwissen können diese Strukturen aufgedeckt und Problemlösungsstrategien entwickelt werden. Dabei gibt es nicht nur eine mögliche Lösung, sondern verschiedene gute Lösungsansätze.
Beispiel: Bei Problemen zwischen Mitarbeitenden eines Kreises gibt es oft komplizierte Zusammenhänge und Prozesse. Mit Hilfe von Außenstehenden können die vielschichtigen Hintergründe erkannt und gemeinsam Lösungen gefunden werden .
In einem komplexen System sind nicht mehr alle Ursachen und Wirkungen von Problemen bekannt. Eine Analyse der Probleme würde deshalb nicht zu eindeutigen Ergebnissen führen und somit auch nicht zu geeigneten Lösungsansätzen. Die sinnvollste Strategie in einem komplexen System ist deshalb: Erproben, wahrnehmen was passiert und mit diesen Erfahrungen weiterarbeiten. Funktionierendes wird weiterentwickelt und Scheitern wird nicht als etwas Negativ gesehen, das unbedingt vermieden werden sollte. Fehler sind ebenso ein weiterbringendes Ergebnis, denn nur wenn man auch erfährt, was nicht funktioniert kann man neu erproben, um geeignete Lösungen für die vorhandenen Herausforderungen zu finden.
Beispiel: Immer mehr Menschen finden keinen Bezug mehr zur Gemeinde. Eine Analyse, warum sich die Leute abwenden, ist zu komplex, als das alle Hintergründe erfasst werden könnten. Deshalb werden neue Ideen erprobt. Gelingt etwas, wird es weiter entwickelt. Gelingt etwas nicht, ist es ebenso eine gute Erkenntnis und es wird etwas neues ausprobiert. Wichtig dabei: Etwas, das in der einen Gemeinde funktioniert, muss in einer anderen nicht zwingend genauso erfolgreich sein.
In einem chaotischen System können Ursachen und Wirkungen nicht mehr geklärt werden. Grundlegend für alles Handeln ist die Erhaltung des Systems.
Beispiel: Gemeinde, die kaum noch Mitarbeiter und Besucher hat, wird sich darum bemühen den Gottesdienst so gut wie möglich zu gestalten. Kräfte werden an anderen Stellen gespart, um dort sinnvoll eingesetzt zu werden und den Gottesdienst als Kernpunkt der Gemeinde zu festigen.
Im Rahmen des Erprobungsjahres nehmen wir die Situation von Gemeinden als ein komplexes System wahr. Neues zu erproben, zu reflektieren, daraus zu lernen und wieder neu zu erproben ist deshalb jetzt die sinnvollste Strategie um Gemeinden so zu gestalten, dass sie Menschen wieder erreichen. Gemeinden können gegenseitig von den gesammelten Erfahrungen profitieren. Gelingt etwas nicht, wird es als wertvolle Erkenntnis angesehen, die mit anderen geteilt werden kann und Gemeinden an anderen Orten und unter anderen Voraussetzungen weiter bringt.